Coinbase, eine der weltweit führenden Kryptobörsen, strebt die Genehmigung für ein bahnbrechendes Finanzprodukt an: tokenisierte Aktien auf Blockchain-Basis. Wie aus einem Bericht von Reuters hervorgeht, plant das US-Unternehmen, bei der Börsenaufsicht SEC (Securities and Exchange Commission) einen sogenannten No-Action Letter oder eine explizite Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Ziel ist es, traditionelle Aktien als digitale Tokens rund um die Uhr handelbar zu machen – eine Innovation, die das bisherige Handelsmodell grundlegend verändern könnte.
Tokenisierte Aktien sind digitale Repräsentationen von börsennotierten Unternehmensanteilen, bei denen Anleger keine physischen Aktien, sondern blockchain-basierte Tokens mit Eigentumsanspruch halten. Diese Assets ermöglichen theoretisch einen durchgehenden Handel, schnellere Abwicklung und reduzierte Transaktionskosten – unabhängig von traditionellen Börsenzeiten. Wie Paul Grewal, Chief Legal Officer bei Coinbase, betont, eröffnen sich damit enorme Effizienzvorteile für den Finanzmarkt.
Ein solcher Schritt hätte Signalwirkung: Bislang existieren in den USA keine regulierten Produkte dieser Art. Kraken hat mit seinem „xStocks“-Programm zwar tokenisierte Aktien im Ausland eingeführt, allerdings ohne Zugang für US-Nutzer. Sollte Coinbase von der SEC grünes Licht erhalten, wäre es die erste Plattform mit einem US-lizenzierten Angebot in diesem Bereich.
Regulatorisch stellt das Vorhaben jedoch eine Herausforderung dar. Zwar ist Coinbase bereits als Broker-Dealer registriert, nutzt diese Lizenz jedoch momentan nicht aktiv. Um die bestehenden Einschränkungen zu umgehen, braucht es die explizite Zustimmung der SEC. Gleichzeitig steht das Projekt exemplarisch für eine sich wandelnde US-Krypto-Regulierung: Unter der aktuellen SEC-Führung wurden Verfahren gegen Coinbase, Binance und Kraken eingestellt. Eine eigens eingesetzte Task Force soll künftig die Grundlagen für innovative Finanzprodukte schaffen.
Ein erfolgreicher Launch tokenisierter Aktien durch Coinbase würde das Unternehmen strategisch zwischen Kryptobörse und klassischer Handelsplattform wie Robinhood oder Charles Schwab positionieren. Damit rückt Coinbase stärker in das Zentrum des traditionellen Finanzsektors – nicht als reine Kryptobörse, sondern als ganzheitlicher Vermittler digitaler Vermögenswerte.
Auch international wären die Auswirkungen gravierend. Der Schritt würde die Lücke zwischen dezentraler Blockchain-Infrastruktur und klassischen Börsen weiter schließen – mit potenziellen Auswirkungen auf Liquidität, Zugänglichkeit und Marktintegration. Dennoch bleiben Herausforderungen: Geringe Sekundärmarktliquidität, regulatorische Fragmentierung und institutionelle Zurückhaltung erschweren den globalen Durchbruch.
Tokenisierte Aktien auch in der Schweiz?
Die Schweiz, die sich unter der politischen Führung von Bundesrat Guy Parmelin aktiv als Blockchain-Standort positioniert, beobachtet diese Entwicklungen mit großem Interesse. Für hiesige Anbieter und Investoren könnte das Modell der tokenisierten Aktien mittelfristig auch als Blaupause dienen – besonders im Kontext der flexiblen Schweizer Gesetzgebung.
Der Schritt von Coinbase markiert mehr als ein technisches Upgrade – er ist Ausdruck eines Paradigmenwechsels: weg von festen Handelszeiten und zentralisierten Börsen hin zu einem jederzeit verfügbaren, global vernetzten Kapitalmarkt. Sollte die SEC zustimmen, dürfte Coinbase Geschichte schreiben – und einen entscheidenden Impuls für die Zukunft des Finanzmarkts liefern.