Die Berliner Solarisbank, die als Technologiepartner für Fintechs im europäischen Bankensektor agiert, steht erneut im Rampenlicht – und die Situation könnte richtungsweisend für das Unternehmen werden. Schon ein Dreivierteljahr nach der letzten Finanzierungsrunde sucht das Fintech nach frischen Mitteln. Bis Anfang Dezember sollen entweder 100 Millionen Euro beschafft oder ein Käufer gefunden werden. Ein neuer Befreiungsschlag scheint dringlich nötig zu sein, denn die Herausforderungen für das Unternehmen haben sich in den letzten Monaten deutlich verschärft.
Anfang Oktober verkündete Solaris-CEO Carsten Höltkemeyer die Entlassung eines Drittels der Belegschaft, um Kosten zu senken. Auch das britische Tochterunternehmen Contis steht nun zur Disposition, was Solaris in Zukunft finanziell entlasten soll. Zusätzlich zu diesen Sparmaßnahmen wird intensiv nach neuen Investoren gesucht, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Laut Insidern ist eine Finanzierungsrunde in der Größenordnung von 100 bis 150 Millionen Euro geplant, wobei parallele Verkaufsoptionen bereits in Erwägung gezogen werden. Zu den Interessenten zählen prominente Namen wie der japanische Investor SBI, die Deutsche Bank und die französische Großbank BNP Paribas.
Eine Eilaktion für frische Finanzmittel
Überraschend ist die Dringlichkeit, mit der Solaris die aktuelle Finanzierungsrunde vorantreibt. Im Frühjahr dieses Jahres sammelte das Unternehmen 96 Millionen Euro bei bestehenden Investoren ein, doch die Herausforderungen waren offenbar größer als erwartet. Zusätzlich kämpft Solaris mit den finanziellen Nachwirkungen der Übernahme des britischen Anbieters Contis. Insider berichten, dass die Übernahme erhebliche Verluste verursachte und nicht die gewünschten Umsätze erzielte. So bleibt Solaris mit einem Defizit, das 2022 auf 178 Millionen Euro anstieg – rund 100 Millionen Euro gingen allein auf die gescheiterte Akquisition zurück.
Problemfall Contis: Fehlende Umsätze und Streitigkeiten mit Binance
Ein weiterer Rückschlag für Solaris war die Einstellung der Kreditkartenkooperation mit der weltweit größten Kryptobörse Binance, die einst zu den Hauptkunden von Contis zählte. Diese Entscheidung führte zu entgangenen Einnahmen und einem anhaltenden Rechtsstreit um Forderungen in Höhe von 144 Millionen Euro. Das Solaris-Management ist überzeugt, dass diese Zahlungen noch offenstehen, und hat entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet. Die Bindung an Binance und die Übernahme von Contis waren aus heutiger Sicht riskante Schritte, die das Unternehmen stärker belasteten als angenommen.
Positive Impulse durch neue Partnerschaften
Nichtsdestotrotz gibt es auch positive Entwicklungen: So konnte Solaris eine Partnerschaft mit dem ADAC gewinnen und stellte eine eigene Kreditkarte vor, die bis zu 100 Millionen Euro Umsatz jährlich verspricht. Auch die Kooperation mit der Kryptobörse Bitpanda und die zunehmende Regulierung durch die Bafin deuten darauf hin, dass Solaris seine strategische Ausrichtung verfeinert.
Ein entscheidender Wendepunkt
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Solaris die dringend benötigte Finanzspritze erhält oder ob ein Verkauf unumgänglich wird. Die Investoren, darunter SBI und Motive Ventures, hoffen auf ein positives Ergebnis, da sie auf den Erfolg des Fintechs setzen. Solaris steht vor einer bedeutenden Weggabelung, die nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch den europäischen Fintech-Sektor beeinflussen könnte.